Veintiuno

Keijins Geschichte, Teil 2: Verlogen

Keijin, Anwärter auf den Thron, Sohn des hochdekorierten Feldherrn Kanojin und Unterdrücker der Untergebenen, musste zu seinem 17. Geburtstag an einem Turnier zum Test seiner Männlichkeit teilnehmen.

Mit vielen anderen Jungen seines Alters sollte er mehrere Tage in der Natur verbringen und sich nur von dem ernähren, was ihm der Wald und die Felder zur Verfügung stellten.

Es stand ihm wie den anderen frei, zu einem beliebigen Zeitpunkt aufzugeben. Jedoch würde seine Männlichkeit erst gesichert, wenn er die – durch die Obersten vorher festgesetzten – Tage ausharren würde.

Keijin nahm die Aufgabe nur widerwillig an, hätte lieber verzichtet. Doch die Prüfung sollte entscheidenden Einfluss auf seine Glaubwürdigkeit als potenzieller Thronfolger haben. Also beschloss er zumindest, die Angelegenheit irgendwie hinter sich zu bringen.

Da es keine Regeln gab, wie die Jungen die Aufgabe meistern müssten, schloss Keijin sich einem erfahrenen Bauernjungen an, der sich auf das Sammeln von essbaren Kräutern, Pflanzen und Beeren verstand.

Problemlos hätten beide wenigstens 7 Tage von den Dingen leben können, die der Junge sammelte, doch Keijin erpresste ihn und verlangte einen Großteil der Beute. Dadurch verließen den Jungen nach drei Tagen die Kräfte. Er gab missmutig auf.

Um seinen Ernährer gebracht, machte sich Keijin auf die Suche nach einem weiteren Jungen, den er ausnutzen konnte.

Schon bald fand er jemanden, der sich mit dem Jagen kleiner Tiere auskannte. Mit diesem ging er einige Tage auf Jagd und sie teilten sich die Beute. Nach wenigen Tagen verlor Keijin jedoch das Interesse an der Zubereitung der Tiere. Es erschien ihm langweilig und seiner nicht würdig. So überließ er zunehmend dem anderen Jungen das Zubereiten und bald darauf auch das Jagen.

Der Junge war mit dieser Arbeitsteilung unzufrieden und ließ sich nicht von den Drohungen Keijins beeinflussen.

Keijin tobte innerlich vor Wut, ließ sich vorerst aber nichts anmerken. Für einen weiteren Tag jagte er mit und schlug vor, an der nahe gelegenen Küste, an den Felsen mit der weiten Aussicht, die Zubereitung der Beute vorzunehmen.

Der Junge freute sich über das Einlenken Keijins und fing besonders viele Tiere. Statt eines Danks lockte Keijin den Jungen zu den Felsen und stieß ihn ohne Vorwarnung und ohne letzte Worte in die Tiefe.

Die Vorräte für die kommenden Tage waren nun seine.

Mittlerweile waren 11 Tage vergangen. Die meisten Jungen hatten aufgegeben und zum größten Teil bestanden. Keijin blieb noch weitere 12 Tage in der Wildnis und wurde schließlich vom Ausrichter abgeholt und zurück in die Zivilisation gebracht.

Durchhaltevermögen und Willenskraft des jungen Keijin wurden in höchsten Tönen gelobt und sein höchst erfolgreiches Unternehmen im ganzen Land verbreitet. Der »wilde Keijin« wurde zum Mythos der Veranstaltung, denn niemand hatte bisher so lange in der Wildnis überlebt ohne aufzugeben.