Veintiuno

Ogawa: Das Museum der Stille

Inhalt

Ein Spezialist für die Einrichtung von Museen fährt zu einer sehr alten Kundin in ein abgelegenes Dorf, um dort ein ungewöhnliches Museum aufzubauen.

Anliegen der kauzigen Alten ist es, Gegenstände kürzlich Verstorbener auszustellen. An der Grenze zum Illegalen hat die Alte – beginnend mit dem Vater ihres Gärtners – kurz nach dem Tod einer Person aus dem angrenzenden Dorf jeweils einen persönlichen Gegenstand entwendet und ihrer noch ungeordneten Sammlung hinzugefügt.

Aufgabe des Spezialisten ist es nun

  • eine Scheune mithilfe des Gärtners und der Adoptivtochter der Alten für die Gegenstände herzurichten
  • die Geschichten, die zu den Dingen gehören, aufzuschreiben
  • beim Tod weiterer Dorfbewohner persönliche Gegenstände aufzutreiben

Die ersten beiden Punkte stellen sich noch als machbar heraus. Die Zusammenarbeit mit dem Gärtner und der Adoptivtochter funktioniert gut, alle arbeiten Hand in Hand. Die Alte stirbt zwar aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands erwartungsgemäß, kann aber vorher ihre Dokumentationsarbeit abschließen.

Allerdings wird der letzte Punkt zu einem Problem. Zum Einen sterben im Dorf junge Frauen, denen die Brustwarzen entfernt werden. Der Museumsspezialist muss von diesen Frauen Dinge beschaffen, ohne von der Polizei ungewollt als Täter infrage zu kommen. Zum anderen verliert er die Kontrolle über sein früheres Leben. Er schreibt seinem Bruder ab und an Briefe, die das Dorf allerdings nicht verlassen.


Als er bemerkt, dass der Gärtner etwas mit den Morden zu tun hat, will er fliehen und flüchtet zum Dorfbahnhof, von dem aus aber kein Zug fährt. Letztlich ergibt er sich seinem Schicksal: Das Museum, der Gärtner und die Adoptivtochter sind in der kleinen Dorfwelt gefangen und bleiben dort.

Gedanken

Das Ende hat mir nicht so gut gefallen. Die nun ausweglose Situation, in die sich der Museumsspezialist begibt, erscheint mir nicht wie eine akzeptable Lösung. Dass der Gärtner unbehelligt morden darf und weiterhin so weiterlebt als wäre nichts geschehen, wirkt grotesk. Auch die Situation der Adoptivtochter, die in absurder Abgeschiedenheit aufwächst und nach dem Tod der Alten nur noch einen Besucher und einen Mörder als Bezugspersonen hat, lässt nichts gutes erahnen.

Ebenfalls zweifelhaft erscheint mir die Idee des Sammelns der Hinterlassenschaften von Dorfbewohnern. Ich würde erwarten, dass ein Museum dieser Art spätestens am Tag der Eröffnung von der Polizei geschlossen wird. Gegen Ende des Buchs entsteht allerdings der Eindruck, dass die Dorfpolizei mit der Vorgehensweise der Alten und ihrer Gehilfen einverstanden ist ^1)^[Was Sinn macht, wenn man bedenkt, dass die Alte bereits seit Jahren oder Jahrzehnten bei kürzlich Verstorbenen auftaucht.]{#footnote_plugin_tooltip_text_1 .footnote_tooltip}.

Andererseits ist das Buch sehr geradlinig und klar geschrieben, was mir ausgesprochen gut gefällt und mich problemlos durch das Buch geführt hat. Die Autorin verliert sich nicht in Ausschweifungen und Fülltext. Das Geschriebene wirkt wie sorgfältig sortiert und angeordnet. Allein der Stil und die etwas ungewöhnliche Geschichte machen das Buch lesenswert.

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Was Sinn macht, wenn man bedenkt, dass die Alte bereits seit Jahren oder Jahrzehnten bei kürzlich Verstorbenen auftaucht.

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